(veröffentlicht am 26. Dezember 2017 auf http://verfassungsblog.de/doppelpass-fuer-suedtiroler/ unter dem Titel „Doppelpass in Südtirol?”)
Wer weiß, ob aus der Idee der doppelten Staatsbürgerschaft überhaupt was wird, das Porzellan wurde inzwischen aber schon zerschlagen. In ihrem Regierungsabkommen nehmen die ÖVP und die FPÖ in Aussicht, „den Angehörigen der Volksgruppen deutscher und ladinischer Muttersprache in Südtirol (…) die Möglichkeit einzuräumen, zusätzlich zur italienischen Staatsbürgerschaft die österrreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben”. Das Thema ist ein Dauerbrenner. Die Südtiroler Volkspartei (SVP) übt sich seit Jahren in diesem Lippenbekenntnis und auch ihre Schwesternpartei ÖVP war dem Thema nie abgeneigt. Gewiss, man war sich dabei stets darüber einig, dass die Prioritäten anderswo liegen würden und dass die politischen Bedingungen zur Verwirklichung dieser „Herzensangelegenheit” – wie sie die SVP offiziell und liebevoll bezeichnet – nicht gegeben sein würden. Nicht zuletzt auch, weil andere Parteien in Österreich zauderten.
Jetzt weht ein anderer Wind. Österreich ist bei den Wahlen im September und dann vor allem bei der Bildung der Koalitionsregierung zwischen der ÖVP und der nationalliberalen FPÖ deutlich nach rechts gerückt. Während bei derselben Regierungskonstellation im Jahr 2000 noch europaweit Aufschreie zu hören waren und EU-Sanktionen gegen Österreich nicht lange auf sich warten ließen, hält der Parteiobmann der FPÖ, Heinz-Christian Strache, heute das Amt des Vizekanzlers inne und seine rechtspopulistische Partei leitet obendrein die Bundesministerien für Inneres, Äußeres, Landesverteidigung, Infrastruktur, Gesundheit und Soziales. Seit Langem macht die FPÖ den sezessionistischen Parteien in Südtirol Hoffnung für den zweiten Pass und hat dieses Versprechen auch beim Verfassen des Koalitionsprogramms nicht vergessen. Der österreichische Vorstoß hat die SVP sichtlich in Verlegenheit gebracht, schließlich läutet nicht nur Italien laut die Alarmglocken und vor allem besteht die Gefahr, dass das Zusammenleben in Südtirol völlig aus dem Gleichgewicht geworfen werden könnte.